Für Jerome Boateng sind die letzten Wochen gleich aus zweifacher Sicht sehr erfreulich verlaufen. Der Innenverteidiger des FC Bayern scheint nach einer quälend langen Verletzungspause nicht nur sportlich wieder in Fahrt zu kommen: Boateng macht auch keinen Hehl daraus, dass er aufrichtig erleichtert über den Abgang von Carlo Ancelotti und die Rückkehr von Jupp Heynckes zu den Bayern ist. Der Nationalspieler ließ nun tiefe Einblicke in sein Seelenleben zu. So sei die Verletzungspause die schlimmste Zeit seiner bisherigen Karriere gewesen, auch über einen Vereinswechsel habe er zu Beginn der Saison nachgedacht.
Verletzungsmisere begann schleichend
Das Unheil des Jerome Boateng begann bereits bei der Weltmeisterschaft 2016 in Frankreich. Der Innenverteidiger reiste verletzt an, wollte aber dennoch unbedingt spielen. Bundestrainer Jogi Löw lobte seinerzeit die Einstellung des Bayern-Stars. Doch die Folge war, dass Boateng anschließend die Vorbereitung in die Bundesligasaison verletzungsbedingt verpasste. In einer eigentlich unwichtigen Vorrundenpartie der Champions League zog sich Boateng dann eine Schulterverletzung zu. Alles sei nur halb so schlimm, wiegelte man bei den Bayern ab. Doch infolge der Schulterverletzung und einer unvermeidbaren Operation, bekam Boateng Probleme mit der Brustmuskulatur. Auch als die Schulter nach einigen Monaten wieder auskuriert war, machte ihm die Brust weiterhin Probleme und der Innenverteidiger musste weitere vier Monate pausieren. Als er wieder genesen schien, hatte es Boateng schwer, an seine alte Form anzuknüpfen. Auch die Verantwortlichen des FC Bayern taten wenig, um Boateng aus der medialen Schusslinie zu nehmen. Schließlich warf eine Oberschenkelverletzung Boateng erneut zurück. Die sportliche Zukunft war so ungewiss wie selten zuvor. Dabei hatten Beobachter einige Jahre zuvor noch damit gerechnet, dass Boateng seine Karriere einmal bei den Bayern beenden würde. Er galt als Identifikationsfigur für den Verein, was sich nicht zuletzt an den Verkaufszahlen seines Trikots ablesen ließ. Boateng wurde in einer Reihe mit Clublegenden wie Philipp Lahm oder Thomas Müller gesehen, ein Auflaufen für die Senioren des FC Bayern nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn als wahrscheinlich angesehen.
Das Gespräch mit den Bossen
Auch mit Trainer Carlo Ancelotti wurde Boateng nie wirklich grün. Unter der Regie des Italieners war Boateng meist nur Bankdrücker, hin und wieder stand er nicht einmal im Kader. Boateng spekulierte im Nachhinein, dass Ancelotti ihn aufgrund seiner vielen Verletzungen einfach nicht gut genug einschätzen konnte. Fest steht, dass der gebürtige Berliner kurz davor war, den Verein zu verlassen. In einem Gespräch mit der Vereinsführung habe er im Sommer das Thema Abgang angesprochen. Er habe ihnen mitgeteilt, dass er sich viele Gedanken über seine Zukunft mache und sich über fehlende Wertschätzung beklagt. Diese Vorgänge enthüllte Boateng erst nachdem Carlo Ancelotti bei den Bayern beurlaubt wurde. Boatengs Wechselgedanken fanden zu einem Zeitpunkt statt, als die Bayern gerade das Auftaktspiel der Bundesliga mit 3:1 gegen Bayer Leverkusen gewonnen hatten. Doch nach dem starken Saisonauftakt ließen die Ergebnisse oft zu wünschen übrig. Ausschlaggebend für die Entlassung von Carlo Ancelotti war schließlich die deutliche Niederlage in der Champions League gegen Paris St. Germain. Unter dem neuen Trainer Jupp Heynckes gelang dann allerdings ein souveräner 3:0 Sieg in der Champions League gegen Celtic Glasgow. Die Bayern hoffen mit Heynckes nun wieder auf den erneuten Sieg in der Königsklasse, auf den auch die Wettanbieter mit einer Quote von 1.30 spekulieren.
Heynckes macht Boateng glücklich
Jerome Boateng machte von Beginn an keinen Hehl daraus, dass er sich über die Rückkehr des 72-jährigen Heynckes zu den Bayern freute. Er hat gute Erinnerungen an die vergangene Heynckes-Ära: Boateng war ein wichtiger Stützpfeiler der Triple-Mannschaft von 2013. Schon bei seiner Verpflichtung machte Heynckes klar, dass Boateng einer der wichtigsten Spieler in der Mannschaft sei. Er solle sowohl auf, als auch neben dem Platz eine Führungsrolle übernehmen. Damit scheint es wahrscheinlich, dass Boateng und Hummels in der Innenverteidigung der Bayern gesetzt sind. Mit zwei Siegen in den ersten beiden Spielen und einem Torverhältnis von 8:0, hätte der Heynckes-Einstand nicht besser ausfallen können. Doch die richtig schweren Gegner kommen erst. Einer dieser Gegner ist im November der FC Augsburg. Die Schwaben waren von vielen Beobachtern zu Saisonbeginn als Abstiegskandidat eingeschätzt worden, stehen jetzt allerdings im oberen Tabellendrittel.
Doppelter Grund zur Freude
Für Boateng scheinen gerade Weihnachten und Geburtstag zusammenzufallen. Vor gar nicht allzu langer Zeit noch von hartnäckigen Verletzungen geplagt, ist er plötzlich Führungsspieler unter seinem alten und neuen Lieblingstrainer. Die Abwanderungsgedanken scheinen ganz weit weg: Jerome Boateng möchte wieder angreifen und bei allen drei großen Wettbewerben um den Titel mitspielen.